Storytelling und Gute-Nacht-Geschichten
Es vergeht kaum ein Tag, an dem mich meine Kinder nicht bitten, ihnen eine Geschichte vorzulesen. Sie lieben Geschichten. Leider komme ich nicht immer dazu. Ich glaube aber, dass es für sie genau deshalb immer etwas Besonderes ist. Wenn ich genauer hinsehe, ist es im Every-Day-Business nicht viel anders. Wir haben nicht immer eine Geschichte parat, aber wenn wir schon etwas zu erzählen haben, dann sollte es gut gemacht sein.
Alle lieben Geschichten
Kinder lieben Geschichten, weil sie sich gerne und oft in die Rolle der einzelnen Charaktere hineinversetzen oder gemeinsam mit ihnen die tollsten Abenteuer erleben können. Wenn ich an meine verstorbene Großmutter denke, erinnere ich mich immer an die Geschichten, die sie mir erzählt hat – traurige, lustige, unglaubliche – aber alle haben mich auf irgendeine Weise berührt.
Bei Vorstellungsgesprächen ist einer der ersten Sätze immer „Erzählen Sie mir etwas über sich“, obwohl dieser jemand im Grunde alle wichtigen Fakten bereits in Papierform vor sich liegen hat. Der Personalmanager will keine nackten Zahlen, er will den Menschen, der hinter der Bewerbung steht, erkennen. Auch wenn es darum geht als Unternehmen in Medien Aufmerksamkeit zu erzielen, so gelingt das am besten über Geschichten. Unternehmen, die es schaffen möchten oder bereits geschafft haben, erzählen immer eine Story – harte Fakten sind da nicht halb so interessant. Aber warum eigentlich?
Tell me your story
Wie gesagt, bleiben uns immer solche Erzählungen in Erinnerung, die uns in irgendeiner Weise bewegen und emotional berühren. Aus PR-Sicht hat das sehr viel mit den sogenannten Nachrichtenfaktoren zu tun: emotionale Nähe ist hier das Um und Auf. Emotionen sind für uns Menschen einfach ein unwiderstehlicher Köder – das zeigt uns die Boulevardpresse täglich.
Wollen wir also in den unterschiedlichsten Medien unsere Anliegen unterbringen, so ist der emotionale Geschichtenerzähler-Weg eindeutig der effektivste. Jeder hat eine Geschichte zu erzählen! Manchmal sind sie abenteuerlich, mal traurig, mal witzig – aber sie müssen immer authentisch sein. Bevor man eine erfundene Geschichte erzählt, sollte man lieber gar keine erzählen, denn irgendwann passen alle Erzählungen nicht mehr zusammen und man steht letzten Endes als Lügner dar.
In 5 Schritten zur perfekten Story
Was soll ich erzählen? Das ist wohl die häufigste Frage, die sich Unternehmen stellen, wenn es darum geht eine interessante Geschichte zu erzählen. Die Antwort darauf ist simpel und kompliziert zugleich: es kommt darauf an!
Es gibt Erzählungen, die sich auf dem Silbertablett präsentieren, andere kommen erst nach längerem Suchen zum Vorschein. Wie auch immer eure Ausgangslage ist, ich empfehle zuerst ein
1) Brainstorming: Schreibt alles auf, was euch irgendwie interessant erscheint. Angefangen bei der Entstehungsgeschichte des Unternehmens, über frühkindliche Wunschvorstellungen bis zu Ängsten, Misserfolgen und Glücksfällen. Lasst euch dabei Zeit, auch wenn es eine ganze Woche dauern sollte. Papier ist geduldig und die besten Ideen kommen einem ohnehin immer – unter der Dusche!
Nachdem wir uns Gedanken gemacht haben, WAS wir erzählen könnten, stellt sich die Frage, WEM wir unsere Geschichte(n) erzählen wollen:
2) Medienrecherche: Dieser Schritt ist nicht zu unterschätzen. Es ist quasi die Hausaufgabe, die vorab gemacht werden muss. WER soll über mein Unternehmen schreiben? WO will ich etwas über mein Unternehmen lesen und WEN will ich damit erreichen? Das heißt es ist nicht nur wichtig, welcher Autor in welchem Medium schreibt, wichtig ist im Besonderen auch, ob meine Zielgruppe dieses Medium konsumiert. Eine hochwertige Pressemitteilung an den falschen Journalisten ist genauso sinnlos, wie der beste abgedruckte Artikel, der meine Dialoggruppe nicht erreicht. Wer hier nicht ordentlich arbeitet, läuft Gefahr viel Zeit und Geld umsonst zu investieren.
Die Zusammenstellung des Pressverteilers zeigt nicht selten, dass es für Unternehmen sehr heterogene Medien und Zielgruppen gibt. Nicht für alle wird ein und dieselbe Geschichte, die wir zu erzählen hätten, auch interessant sein. Genau aus diesem Grund, haben wir im ersten Schritt ein weit gefasstes Brainstorming gemacht. Im nächsten Schritt müssen wir daher
3) Interessen verknüpfen: Welche Geschichte passt zu welchem Medium? Dabei ist nicht wichtig, dass jeder Eintrag einen passenden Gegenpart findet. Vielleicht können wir dem Journalisten P.P. aus dem Medium XY noch keine passende Story bieten, aber das kann nächste Woche schon anders sein. Auch eine interessante Story, für die wir derzeit noch keinen passenden Erzähler gefunden haben, wird nicht verworfen. Die Zeit für diese Geschichte wird noch kommen. Notieren, aufheben und bei Gelegenheit wieder herauskramen!
An diesem Punkt geht es das erste Mal ums Schreiben. Ja genau, das erste Mal – wir werden noch öfter darauf zurückkommen. Die Aufgabe ist denkbar einfach:
4) Such dir deine Lieblingsgeschichte und schreib drauf los: Simple as that. Keine Sorge, diese Geschichte werden wir in dieser Form an niemanden verschicken. Sie bildet unsere Arbeitsgrundlage, aus der wir erst die perfekte Erzählung herausarbeiten müssen.
Im fünften und vorerst letztem Schritt überlegt euch Folgendes:
5) Was ist die Kernaussage dieser Geschichte? Ich akzeptiere nur eine einzige! Also denkt gut nach. WAS wollen wir für eine Message mit dieser Geschichte überbringen?
Vorbild Gute-Nacht-Geschichte
Kindergeschichten, Märchen und Gute-Nacht-Geschichten sind für unser Unternehmens-Storytelling ein perfektes Vorbild. Egal wie lang, wie umfassend und wie kompliziert die Handlung auch sein mag, es gibt immer nur eine Kernaussage. Ich habe meinen Kindern noch nie eine Geschichte vorgelesen, bei der sie keine Antwort auf meine Schlussfrage „Worum geht es in dieser Geschichte?“ gewusst hätten. Es geht immer nur um eine einzige Sache und die muss perfekt in eine Handlung eingepackt werden.
Und worüber willst du mir heute erzählen?