Social Web: Dieses theroetische Wissen solltest du parat haben
Heute möchte ich ein Themengebiet betreten, dass nicht direkt mit Content-Marketing und Online-PR zu tun hat, aber wesentlich zu deren Aufstieg und Erfolg beigetragen hat. Es handelt sich dabei um Basiswissen, das ich immer auch in meinen Kursen durchnehme. Theorie ist in den Augen meiner TeilnehmerInnen und vielleicht auch für dich, nicht ganz so sexy, wie praktische Tipps und Erfarungswerte, aber sie ist das Fundament, auf dem all unser digitales Handeln aufbaut. Wenn du die Grundlagen nicht oder nur oberflächlich verstehst, ist dein Handlungsrahmen sehr eingeschränkt und du verpasst die Chance das ganze Potenzial des Social Web auzunützen, weil du eben nicht weißt, was alles möglich ist und wie es genau funktioniert. Um genau das zu vermeiden, heißt es für mich heute – back to basics.
Woher kommt das Internet?
Nein, ich fange jetzt nicht bei Adam und Eva an. Das wäre wohl doch etwas zu weit ausgeholt. Ich möchte mit einer Hypothese in diesen Beitrag einsteigen:
Das Social Web ist das Kind einer kommunikativen Revolution. Diese wurde durch das Aufkommen des Internets und seine großflächige Verbreitung angestoßen.
Das Social Web ist das Kind einer kommunikativen Revolution. Share on X
Der Stein des Anstoßes fiel 1990 mit der Veröffentlichung der ersten Webseite überhaupt ins Rollen. Ihr Schöpfer: Tim Berners-Lee. Seitdem hat sich einiges im Netz getan. Einen kurzen Zeitraffer habe ich in folgender Infografik gefunden.
Vielleicht entdeckst du – so wie ich – einige bekannte “Gesichter”. War das denn wirklich erst so kurze Zeit her? Oh ja! In der Tat, die Weiterentwicklung passiert in Riesenschritten und wir sind ein aktiver Teil davon. Jeder Klick, jeder App-Download, jede Entscheidung einen Onlinedienst zu nutzen oder aber auch nicht zu nutzen, lässt die Entwicklung des Web – und uns mit ihm – voranschreiten.
Das Internet ist eine kommunikative Revolution
Du muss mir nicht zustimmen, aber für mich ist es der Fall: Die Entstehung des Internets scheint mir eine bedeutende Entwicklungen in der menschlichen Kommunikation zu sein. Nach der Sprach- und Schriftentwicklung und der Erfindung des Buchdrucks, setzt das Internet einen neuen Standard. Was zeichnet es aus?
- Es ist frei verfügbar.
- Wir legen selbst fest, wann, wo und wie wir kommunizieren und uns informieren.
- Wissen ist frei verfügbar.
- Wir haben uns vom Konsumenten zum Produzenten von Information entwickelt.
- Es hat die Macht Gemeinschaften zu erschaffen.
- Es erschafft neue Wahrheiten, neue Hierarchien, eine neue Gesellschaft.
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Ja, ich weiß, diese Charakteristika treffen nicht immer und überall auf alle zu. Aber ganz grundsätzlich sind all diese Möglichkeiten vom Medium selbst her gegeben. Ich bin nicht so naïv, dass ich nicht wüsste, dass es Wege und Möglichkeiten gibt, das Potenzial des Internets zu unterdrücken. Diese Möglichkeiten gibt es. Massenweise. Und sie werden seitens Menschen, die sich daraus einen Vorteil erhoffen, auch genutzt. Dennoch möchte ich dich bitten diese Überlegungen für den weiteren Gedankengang beiseite zu stellen.
Beschreibt der Siegeszug des Internets nun aber tatsächlich eine Revolution? Was kennzeichnet eine solche überhaupt? Befragen wir einmal die “schlauste” Webseite im Netz, Wikipedia. Dort heißt es:
„Eine Revolution ist ein grundlegender und nachhaltiger struktureller Wandel eines oder mehrerer Systeme, der meist abrupt oder in relativ kurzer Zeit erfolgt. […] Eine “Revolution” bezeichnet in der Soziologie sowie umgangssprachlich einen radikalen und meist, jedoch nicht immer, gewalttätigen sozialen Wandel (Umsturz) der bestehenden politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse. Gegebenenfalls kommt es dabei zu einer Umwälzung des kulturellen „Normensystems einer Gesellschaft“. […] Der Begriff „Revolution“ wird auch verwendet, um einen allgemeineren tiefgreifenden Wandel der Gesellschaftsstruktur zu bezeichnen, auch wenn es sich dabei nicht zwangsläufig um besonders plötzlich und rapide auftretende Veränderungen handelt.“
Ob es für dich eine kommunikative Revolution darstellt, musst du entscheiden. Meine Meinung dazu kennst du ja.
Wie kommt das Soziale ins Web?
Es gibt viele Gründe das Internet als Social Web zu bezeichnen und eines vorweg, nein es stört nicht, dass du deinem Gesprächspartner nicht face2face gegenüber sitzt. Ich lehne mich hier an die Ausführungen von Marie-Christine Schindler und Tapio Liller an, die in ihrem Werk “PR im Social Web” genau dieselbe Frage aufgegriffen haben, gebe aber noch meine Ergänzungen dazu. Falls du das Buch also schon kennst, wundere dich nicht, dass bei mir diese Punkte erstens ein wenig anders aussehen und zweitens ein Punkt dazugekommen ist.
- Jeder kann publizieren, auch wenn das nicht jeder tut.
- Jeder kann Gespräche beginnen und Kommentare hinterlassen.
- Online-Gespräche bedienen sich einer lockeren, ungezwungenen und simplen Sprache, so dass ein Einstieg ins Gespräch für viele ohne große Probleme möglich ist.
- Wissen ist frei verfügbar, wird geteilt und gemeinsam erstellt.
- Hierarchien als solche gibt es nicht. Reputation entsteht durch Vernetzung und gemeinschaftliches Engagement.
- Beziehungen, die im Social Web entstehen sind real und beschränken sich nicht alleine auf dieses Medium. Nicht nur, dass digitale Bekanntschaften ins analoge Leben übergehen, sondern auch die Emotionen und Gefühle, die entstehen, sind echt und haben massiven Einfluss auf das Leben des/r NutzerIn.
Ich bin mir sicher, dass du bei jedem einzelnen Punkt genickt hast und in deinem Kopf ein Bild aus deinen eigenen Erfahrungen aufgetaucht ist. Je länger du im Internet aktiv unterwegs bist, desto intensiver wirst du diese sozialen Kräfte erlebt haben.
Ist das Social Web Problem oder Potenzial?
An einem bestimmten Punkt kann man sich diesem sozialen Sog kaum noch entziehen. Viele Ärzte, Soziologen und andere Experten ihres Faches sprechen in diesem Fall von “Sucht”, was ich ablehne – zumindest in dieser Weite und Breite, wie sie es oft beschreiben. Für mich ist diese Anziehungskraft des Sozialen tief in unsere Menschheitsgeschichte, ja sogar in unseren Genen, verankert. Jedes Neugeborene hat ein Bedürfnis nach Nähe und sozialen Kontakten. Dieses Gefühl wird durch den Nutzen, den uns eine Gemeinschaft bietet, im Laufe unseres Heranwachsens gestärkt. Es ist etwas absolut Natürliches.
Das Social Web spiegelt diesen sozialen Charakter menschlicher Gemeinschaften wieder. Es entwickelt sich zusehends selbst zu einer (Parallel-)Gesellschaft. Ob das gut oder schlecht ist, kann ich nicht beurteilen. Meiner Meinung nach ist es für so eine Beurteilung auch noch viel zu früh. Fest steht, dass solche tiefgreifenden gesellschaftlichen Umwälzungen immer (auch) kritisch analysiert und hinterfragt werden (müssen).
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Was für mich an diesem Punkt wichtig ist, sind offene und ehrliche Diskussionen und das Bemühen nicht in gut-schlecht Kategorien zu denken. Diese Entwicklung wird sich nicht rückgängig machen können – und ich persönlich würde das auch nicht wollen. Die Frage ist, wie können zwei absolut menschliche und soziale (Parallel-)Gesellschaften zu einer vereint werden?
Wie so oft kann ich keine konkreten Antworten liefern. Dieses soziologische Forschungsfeld ist noch viel zu jung um irgendwelche validen Aussagen treffen zu können. Dennoch, eines habe ich mit meinem Beitrag zumindest geschafft: Ich habe gezeigt, dass Theorie nicht langweilig sein muss. Im Gegenteil, das Thema ist spannend und aktuell und die aufgeworfenen Fragen betreffen jede/n von uns. Sie greifen tief in unser Leben ein – und eben auch in unsere Arbeit.
Hast du eine Meinung dazu? Ich würde sie sehr gerne hören!
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Anna Franzen
Liebe Ivana,
es ist das erste Mal, dass ich so einen Blogbeitrag, der auch theoretisch an das Thema Social Web/Social Media herangeht, wie von dir lese und ich finde es sehr angenehm. Du gehst kritisch an das Thema heran und lässt es dem Leser frei, seine eigene Meinung zu bilden.
Deine These am Anfang finde ich klasse und trifft es, meiner Meinung nach, auf den Punkt! Wo hast du sie gefunden?
Liebe Grüße
Ivana
Liebe Anna,
vielen Dank für dein positives Fedback! Das Thema liegt mir sehr am herzen, obwohl es rein vom Website-Traffic eher ein „Ladenhüter“ ist. Ich finde diese Entwicklungen sehr spannend und habe selbst auch noch wenig dazu gelesen – zumindest wenig Inhalt, der dem/der LeserIn eine freie Meinungsbildung zutraut.
Die These habe ich so, wie ich sie gepostet habe, noch nirgendwo gelesen – ist also selbst formuliert. Es war für mich ein logischer Gedankengang, angelehnt an die digitale Revolution, Informationsgesellschaft und den Impact, den das Social-Web auf unser Leben hat. Es freut mich, dass du mit zustimmen kannst.
Liebe Grüße,
Ivana
Online-PR, das Enfant terrible der Öffentlichkeitsarbeit
[…] als einfacher Distributionskanal von Unternehmensinhalten – nur eben online. Als jedoch die Entwicklung zum Social Web ihren Lauf nahm, änderte sich auch der Status der […]
Winfried Wengenroth
Hallo Anna,
auch ich finde deinen Beitrag äußerst interessant. Besonders die These, dass das Social Web als ein Kind einer kommunikativen Revolution zu betrachten ist finde ich sehr gelungen. Nun liegt es an uns diesem Kind bei einer positiven Entwicklung zu helfen. Ich hoffe, dass uns allen das gelingen wird, sodass dieses tolle Kommunikationsmedium nicht verroht.
Ivana
Lieber Winfried,
danke für dein positives Feedback! Ja stimmt, wir alle sind eingeladen dieses Kind in seiner Entwicklung zu begleiten und das Beste aus ihm zu machen.
Liebe Grüße,
Ivana
Das Bloggen als neue Profession I bloggerabc
[…] sie heute schon zum Mainstream gehören, liegt unter anderem am revolutionären Bedeutungswandel, der in den letzten Jahren stattgefunden hat. Wo traditionelle Massenmedien momentan einen […]